Grundkraft-Prozess
Wozu ein Grundkraft-Prozess und wie verläuft ein solcher?
Um den Grundkraft-Prozess anzuwenden, muss zuerst ein Spannungs- und Entwicklungsfeld definiert werden, das ein Team oder eine Organisation beschäftigt. Dabei kann es sich beispielsweise um ein Konflikt- oder Spannungsfeld, ein Innovationsfeld oder auch um Organisations- und Kulturentwicklungsfelder handeln.
Sobald das Feld definiert ist, geht es darum, die Absicht zu definieren: Warum wollen wir dieses Feld vertieft bearbeiten? Wozu tun wir das? Wohin soll uns das führen? In einem nächsten Schritt geht es dann darum, Polaritäten (gegensätzliche Positionen, im Grundkraft-Prozess «Rollen» genannt) zu identifizieren, die das Spannungsfeld hauptsächlich ausmachen.
Beispiel: Eine Reform im Bildungswesen, die eine Schule umsetzen muss. Die einen finden die Reform überfällig und sind begeistert von diesem Schritt, die anderen stemmen sich dagegen und fühlen sich im persönlichen Verständnis ihrer Berufsrolle angegriffen. Wenn das Spannungsfeld benannt und das «Wozu?» geklärt ist, werden die zentralen Polaritäten/Rollen identifiziert, die von allen Beteiligten vertiefter verstanden werden sollen, um dadurch neue Erkenntnisse über das Spannungsfeld zu gewinnen. Dann kann es losgehen.
Im Grundkraft-Prozess geht es darum, diejenigen Rollen zu «hacken», die für das Spannungsfeld am bedeutsamsten sind. Dabei kommt es zu einem Perspektivenwechsel: Die Teilnehmenden beschäftigen sich mit einer Rolle, die nicht derjenigen entspricht, in der sie sich üblicherweise befinden. Das «Hacken» der Rollen meint das Erarbeiten eines möglichst ganzheitlichen Verständnisses für die Erlebnis- und Erfahrungswelt der Menschen, die sich in den jeweiligen Rollen befinden. Am Hacken der Rollen beteiligen sich alle Anwesenden. In Kleingruppen hacken sie sich nach bestem Wissen und Gewissen in diejenigen Rollen ein, die sie am wenigsten kennen oder verstehen, um dem Plenum anschliessend ihr «Empathie-Angebot» zur Erlebnis- und Erfahrungswelt dieser Rolle vorzustellen. Als Nächstes ist die kollektive Intelligenz gefragt, und alle Teilnehmenden beteiligen sich solange am Hacken dieser Rolle, bis das Maximum an emotionalem und kognitivem Wissen zur Erlebnis- und Erfahrungswelt dieser Rolle im Raum steht. Dadurch wird alles, was üblicherweise an Erfahrungen, Emotionen, Wertvorstellungen und Motiven unter der Oberfläche wirkt, an die Oberfläche geholt und gemeinsam betrachtet.
Zum Schluss des Grundkraft-Prozesses stehen viele substantielle Informationen zur Beschaffenheit des bearbeiteten Spannungsfeldes im Raum, die vorher nicht im kollektiven Bewusstsein der Gruppe waren. So wird viel Empathie geschaffen, und es emergieren neue Erkenntnisse und Wege, wie sich das Team oder die Gruppe im Umgang mit diesem Spannungsfeld organisch weiterentwickeln könnte. Auf den gewonnenen Erkenntnissen und dem Fundament dieser gemeinsamen Erfahrung werden dann die nächsten Schritte im jeweiligen Change-/Entwicklungsprozess definiert und eingeleitet.